Knapp 2700 Deppen (französisch: Fous) haben sich am 21. Oktober um 22:00 in das Abenteuer gestürzt, 1445 (darunter 133 Frauen) haben innerhalb der vorgeschriebenen 66 Stunden gefinished - fast 50% der Teilnehmer mussten sich den Bedingungen beugen. Auch der Schlafentzug hat so manchen in die Knie, ins Gebüsch oder in den Strassengraben gezwungen.
Trotz allem - ein phantastisches Rennen, auch wenn ich mich nicht mehr an jede Einzelheit meiner gut 44 Stunden Wettkampfzeit erinnern kann. Am Start geht es hoch her, bis wir Deppen auf die Strecke geschickt werden können. Dann geht es gleich richtig los: nach ca. 16km mit gemühtlichen 750Hm beginnt der Aufstieg zum Vulkan auf ca. 2300m innert 8km. Leichter Regen, eine steife Briese, und ca. 3°C lassen mich die ganz Nacht nicht mehr richtig warm werden. Gegen das Frieren hilft nur ein zackiges Tempo.
Nach 17h45, ca. 90km und 5100Hm mache ich in Cilaos eine ausgiebige Pause: Kleiderwechsel, Essen, Knie und Blasen versorgen und 2 Stunden dösen - nach 3h15min geht es wieder hinaus in die 2. Nacht. Ueber den Col de Taibit hinein in den unberührten und den völlig unerschlossenen Cirque de Mafate. Bei Morgengrauen erreiche ich das Lager am Rivière de Galets / Duex Bras. Auch hier gönne ich mir einen längere Pause: Kleiderwechsel, Essen, Blasen versorgen, nach einer guten Stunde geht es wieder los. Ich fühle mich hervorragend, und die Wand hinauf nach Dos D`Ane (700Hm auf 4 km) sind in einer guten Stunde überwunden. Jetzt noch 31km bis ins Ziel (allerdings auch noch gute 2000Hm) …
Doch manchmal kommt es anders als man denkt! Ein nachrutschender Felsbrocken fällt mir in die linke Wade. Ein heftiger Strich an der Achilles Sehne, zuerst nur ein leichter Schmerz, dehnen hilft nicht. Der Schmerz wird immer heftiger, die Sehen schwillt an, meine Kompressionssocken werden mir zu eng. Nur noch Humpeln ist möglich - bergab ist es kaum auszuhalten. In La Possession (ca. 20km bis ins Ziel) begebe ich mich ins Sanizelt. Die Aerztin meint die Sehne sei angerissen und ich solle besser das Rennen aufgeben - so eine Deppin!. Solange ich einen Hintern habe, auf dem ich ins Ziel rutschen kann, wird nicht aufgegeben. So humple (und rutsche) ich halt bis ins Ziel und komme dort nach 44h und 20min an.
Auf dem letzten km, den ich trotz Schmerzen renne, kommen mir die Tränen! Ein langer Traum wird wahr! Der Zieleinlauf ist überwältigend! Lachen und Weinen gleichzeitig. Die Zuschauer sind, wie auf der ganzen Strecke phantastisch. Alle Schmerzen und Erschöpfung sind wie weggeblasen. Ich werde von Irene (vielen Dank für die super Unterstützung!) in Empfang genommen und von Robert Chicaud, dem OK Präsidenten begrüsst und darf auch noch ein Interview geben. Und noch vor dem ersten Bier weiss ich: Ich Depp komme wieder!
Fazit: Das härteste, aber auch beste Rennen, das ich jemals gemacht habe! Eine klare Alternative zu Kona. Die Organisation ist nicht überaus kommerziell getrieben. Die Verpflegung sehr gut. Die Helfer, aber auch die Leute allgemein auf La Rèunion sind das Netteste und Freundlichste, was ich je erleben durfte. So wurde ich auf dem Weg vom Ziel ins Hotel humpelnd von einer Passantin gefragt, ob sie mich nicht ins Hotel fahren darf!
Ich bin bekennender Depp, und sicher auch ein wiederkehrender!
Euer Gerdl
Euer Gerdl
P.S.: Meine Achillessehen wurde am nächsten Tag im Krankenhaus eingehend untersucht. Diagnose: nicht gerissen und auch nichts gebrochen - Bluterguss und Entzündung. Das geht vorbei!