Der Siegesbewusste: Ich werde gewinnen
Um 2:30 bin ich nach 5 Stunden Schlaf vor dem Wecker läuten zusammen mit Lucia aufgewacht. Ich war zu Beginn an hellwach und fühlte mich hochmotiviert, denn ich wusste, dass es mein Tag werden konnte. Meine Leistungsdaten stimmten, ich hatte mich gut auf den Wettkampf vorbereitet und die Fahrradstrecke war wie für mich gemacht. Das Ziel war somit gesetzt: Erwische ich heute einen perfekten Tag, so habe ich die besten Chancen zum Saisonauftakt den Sieg nach Hause zu bringen.
Als der Startschuss fiel, bin ich wie ein Pitbull losgesprintet, um als Erster ins Wasser einzutauchen. Bereits nach der ersten Runde lag ich in Führung und ich stellte fest, dass ich die ersten 1500m in 20:30 absolviert hatte und hinter der kleinen Führungsgruppe, bestehend aus zwei Athleten und mir, lange niemand mehr kam. Die zweite Runde wurde nochmals mit gleichem Tempo geschwommen und nach 3000m war der Abstand zur Folgegruppe bereits etwa 200m gross.
Nach einem schnellen Wechsel, kam ich zusammen mit einem sehr leistungsstarken Athleten als erste aus der Wechselzone raus und fing an in die Pedale zu hämmern. Während der ersten Stunde fuhren wir um die 250 Watt und dies bei sehr starkem Wind und teilweise heftigen Sandstürmen. Hinter uns war niemand mehr zu sehen. Ich konnte die Leistung gut bringen, jedoch war mein Puls bereits stark erhöht (über der anaeroben Grenze) sodass ich bezweifelte in der Lage zu sein über 5 Stunden bei 40 Grad diese Leistung aufrechterhalten zu können. Mein Ziel war aber zu siegen und wer an sich zweifelt, der siegt nicht.
Der Kämpfer: Ich werde alles geben um zu gewinnen
Nach 100m fuhren wir immer noch 250 Watt. Meine Beine waren jedoch schon sehr schwer, mein Anzug war vom Salz bereits komplett weiss und mein Schädel fing durch die Überhitzung langsam an zu brummen. Nun ging es um´s kämpfen. Wie aus dem nichts, raste plötzlich ein Zeitfahrer arabischer Herkunft an uns vorbei. Der besagte Zeitfahrer war ohne Startnummer unterwegs und musste mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Lokalmatador mit sadistischer Veranlagung gewesen sein, der Spass daran hatte uns Triathleten in der Wüste zu demoralisieren. Leider habe ich vor lauter Staunen nicht mitbekommen, wie mein Weggefährte sich ans Hinterrad des arabischen Zeitfahrers angedockt hatte und innerhalb weniger Sekunden eine Lücke von ca. 30m entstehen liess. Als ich versuchte aufzuholen und die Lücke zu schliessen, hat sich mein linker Oberschenkel verkrampft. Der physische Schmerz war gross aber der noch grössere Schmerz war derjenige, als ich realisieren musste, dass ich die Lücke nicht mehr durch eigene Kraft schliessen konnte. Ich war jedoch fest entschlossen alles zu geben und so viel Watt wie nur möglich aus meinem Karbonesel rauszuholen, um den Schaden, der entstanden war, so gering wie möglich zu halten.
Der Überlebenskünstler: Wenn ich fokussiert und vorsichtig bin, werde ich die Wechselzone erreichen
Zwischen 130km und 160km wurde mein Zustand immer schlimmer. Ich hatte keinen Sichtkontakt mehr zum Führenden und die Krämpfe paralysierten meinen Körper bei der jeder kleinsten Bewegungsvariation. Wenn ich die Aeroposition verlassen habe, hat sich der Rücken verkrampft. Versuchte ich aufwärts vorne zu drücken, haben sich die Oberschenkel verkrampft. Wenn ich hinten gezogen habe, um meine Oberschenkel zu schonen, haben sich die Waden verkrampft. Und als wenn das nicht schon genug wäre, hat sich meine linke Bauchmuskulatur ebenfalls verkrampft, als ich versuchte meine Gelflasche aus dem Flaschenhalter hinter meinem Rücken herauszunehmen. Meine Watt Zahlen waren rapide auf 150 gesunken und jegliche Versuchung mehr Watt zu treten, scheiterte. Zum Glück hatte ich nur noch 20km bis zur letzten Wechselzone zu fahren und hinter mir war immer noch niemand zu sehen. Ab diesem Zeitpunkt ging es ums nackte Überleben. Dennoch war ich überzeugt davon, es bis in die nächste Wechselzone zu schaffen.
Der Finisher: Solange ich bei Bewusstsein bin, kann mich niemand daran hindern die Ziellinie zu erreichen
Als ich nach fast 5.30 Std. die Wechselzone erreichte, war ich extrem erleichtert, zugleich aber auch leicht beunruhigt. Mein Körper war nach mehr als 50 Krampfanfällen so kaputt, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, auch nur einen Laufschritt machen zu können. Bevor es so weit war, gab es jedoch ein anderes Problem; ich musste vom Rad absteigen. Ich versuchte es also und bin jedoch aufgrund eines erneuten Krampfanfalles seitlich umgekippt und konnte nicht mehr aufstehen. Die Helfer haben mich unbeholfen angeschaut und zugerufen, dass ich doch aufstehen sollte bevor die Verfolger mich einholen würden. Dies war interessanterweise zu diesem Zeitpunkt nicht meine grösste Sorge.
Nachdem ich vorsichtig ins Zelt gelaufen bin und meinen Sack gefunden hatte, versuchte ich nun meine Laufschuhe anzuziehen was leider nicht möglich war. Jeder Versuch mich zu beugen, hat einen oder zugleich mehrere Krämpfe ausgelöst. Zum Schluss lag ich wie ein Haufen Elend auf dem Zeltboden mit Schmerzen im ganzen Körper, die ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen würde. Zum Glück gab es jedoch mehrere Helfer, die Mitleid mit mir hatten und versucht hatten, meine Krämpfe zu lösen und mir dabei halfen, die Schuhe anzuziehen. Wahrscheinlich hätte ich aufgrund dieser starken Hilfeleistung disqualifiziert werden sollen, aber dies war mir in diesem Moment ziemlich egal und es ging leider nicht anders. Mit den Laufschuhen unter den Füssen bin ich mit mehr als 5 Minuten Verzögerung aus dem Zelt herausgerannt. Aus reinem „Zwecksoptimismus“ war ich überzeugt davon, dass es funktionieren könnte, die ersten 500m konnte ich noch Rennen, aber dann hat mich die Realität in Form von neuen Krämpfen eingeholt. Jeder weitere Versuch zu Rennen wurde abrupt durch Krämpfe zerstört und so war ich gezwungen, praktisch die gesamte Laufstrecke (20km) in Schneckentempo zu marschieren. Ob dies sinnvoll war, interessierte mich in diesem Moment nicht. Ich habe es gemacht aus dem einfachsten aller Gründe; nämlich dass ich in der Lage war es zu machen und weil ich wusste, dass Lucia im Ziel auf mich wartete. Und ich habe es deswegen gemacht weil ich mich an eine Zeile erinnert habe: „pain is temporary … quitting lasts forever“.
Um 2:30 bin ich nach 5 Stunden Schlaf vor dem Wecker läuten zusammen mit Lucia aufgewacht. Ich war zu Beginn an hellwach und fühlte mich hochmotiviert, denn ich wusste, dass es mein Tag werden konnte. Meine Leistungsdaten stimmten, ich hatte mich gut auf den Wettkampf vorbereitet und die Fahrradstrecke war wie für mich gemacht. Das Ziel war somit gesetzt: Erwische ich heute einen perfekten Tag, so habe ich die besten Chancen zum Saisonauftakt den Sieg nach Hause zu bringen.
Als der Startschuss fiel, bin ich wie ein Pitbull losgesprintet, um als Erster ins Wasser einzutauchen. Bereits nach der ersten Runde lag ich in Führung und ich stellte fest, dass ich die ersten 1500m in 20:30 absolviert hatte und hinter der kleinen Führungsgruppe, bestehend aus zwei Athleten und mir, lange niemand mehr kam. Die zweite Runde wurde nochmals mit gleichem Tempo geschwommen und nach 3000m war der Abstand zur Folgegruppe bereits etwa 200m gross.
Nach einem schnellen Wechsel, kam ich zusammen mit einem sehr leistungsstarken Athleten als erste aus der Wechselzone raus und fing an in die Pedale zu hämmern. Während der ersten Stunde fuhren wir um die 250 Watt und dies bei sehr starkem Wind und teilweise heftigen Sandstürmen. Hinter uns war niemand mehr zu sehen. Ich konnte die Leistung gut bringen, jedoch war mein Puls bereits stark erhöht (über der anaeroben Grenze) sodass ich bezweifelte in der Lage zu sein über 5 Stunden bei 40 Grad diese Leistung aufrechterhalten zu können. Mein Ziel war aber zu siegen und wer an sich zweifelt, der siegt nicht.
Der Kämpfer: Ich werde alles geben um zu gewinnen
Nach 100m fuhren wir immer noch 250 Watt. Meine Beine waren jedoch schon sehr schwer, mein Anzug war vom Salz bereits komplett weiss und mein Schädel fing durch die Überhitzung langsam an zu brummen. Nun ging es um´s kämpfen. Wie aus dem nichts, raste plötzlich ein Zeitfahrer arabischer Herkunft an uns vorbei. Der besagte Zeitfahrer war ohne Startnummer unterwegs und musste mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Lokalmatador mit sadistischer Veranlagung gewesen sein, der Spass daran hatte uns Triathleten in der Wüste zu demoralisieren. Leider habe ich vor lauter Staunen nicht mitbekommen, wie mein Weggefährte sich ans Hinterrad des arabischen Zeitfahrers angedockt hatte und innerhalb weniger Sekunden eine Lücke von ca. 30m entstehen liess. Als ich versuchte aufzuholen und die Lücke zu schliessen, hat sich mein linker Oberschenkel verkrampft. Der physische Schmerz war gross aber der noch grössere Schmerz war derjenige, als ich realisieren musste, dass ich die Lücke nicht mehr durch eigene Kraft schliessen konnte. Ich war jedoch fest entschlossen alles zu geben und so viel Watt wie nur möglich aus meinem Karbonesel rauszuholen, um den Schaden, der entstanden war, so gering wie möglich zu halten.
Der Überlebenskünstler: Wenn ich fokussiert und vorsichtig bin, werde ich die Wechselzone erreichen
Zwischen 130km und 160km wurde mein Zustand immer schlimmer. Ich hatte keinen Sichtkontakt mehr zum Führenden und die Krämpfe paralysierten meinen Körper bei der jeder kleinsten Bewegungsvariation. Wenn ich die Aeroposition verlassen habe, hat sich der Rücken verkrampft. Versuchte ich aufwärts vorne zu drücken, haben sich die Oberschenkel verkrampft. Wenn ich hinten gezogen habe, um meine Oberschenkel zu schonen, haben sich die Waden verkrampft. Und als wenn das nicht schon genug wäre, hat sich meine linke Bauchmuskulatur ebenfalls verkrampft, als ich versuchte meine Gelflasche aus dem Flaschenhalter hinter meinem Rücken herauszunehmen. Meine Watt Zahlen waren rapide auf 150 gesunken und jegliche Versuchung mehr Watt zu treten, scheiterte. Zum Glück hatte ich nur noch 20km bis zur letzten Wechselzone zu fahren und hinter mir war immer noch niemand zu sehen. Ab diesem Zeitpunkt ging es ums nackte Überleben. Dennoch war ich überzeugt davon, es bis in die nächste Wechselzone zu schaffen.
Der Finisher: Solange ich bei Bewusstsein bin, kann mich niemand daran hindern die Ziellinie zu erreichen
Als ich nach fast 5.30 Std. die Wechselzone erreichte, war ich extrem erleichtert, zugleich aber auch leicht beunruhigt. Mein Körper war nach mehr als 50 Krampfanfällen so kaputt, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, auch nur einen Laufschritt machen zu können. Bevor es so weit war, gab es jedoch ein anderes Problem; ich musste vom Rad absteigen. Ich versuchte es also und bin jedoch aufgrund eines erneuten Krampfanfalles seitlich umgekippt und konnte nicht mehr aufstehen. Die Helfer haben mich unbeholfen angeschaut und zugerufen, dass ich doch aufstehen sollte bevor die Verfolger mich einholen würden. Dies war interessanterweise zu diesem Zeitpunkt nicht meine grösste Sorge.
Nachdem ich vorsichtig ins Zelt gelaufen bin und meinen Sack gefunden hatte, versuchte ich nun meine Laufschuhe anzuziehen was leider nicht möglich war. Jeder Versuch mich zu beugen, hat einen oder zugleich mehrere Krämpfe ausgelöst. Zum Schluss lag ich wie ein Haufen Elend auf dem Zeltboden mit Schmerzen im ganzen Körper, die ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen würde. Zum Glück gab es jedoch mehrere Helfer, die Mitleid mit mir hatten und versucht hatten, meine Krämpfe zu lösen und mir dabei halfen, die Schuhe anzuziehen. Wahrscheinlich hätte ich aufgrund dieser starken Hilfeleistung disqualifiziert werden sollen, aber dies war mir in diesem Moment ziemlich egal und es ging leider nicht anders. Mit den Laufschuhen unter den Füssen bin ich mit mehr als 5 Minuten Verzögerung aus dem Zelt herausgerannt. Aus reinem „Zwecksoptimismus“ war ich überzeugt davon, dass es funktionieren könnte, die ersten 500m konnte ich noch Rennen, aber dann hat mich die Realität in Form von neuen Krämpfen eingeholt. Jeder weitere Versuch zu Rennen wurde abrupt durch Krämpfe zerstört und so war ich gezwungen, praktisch die gesamte Laufstrecke (20km) in Schneckentempo zu marschieren. Ob dies sinnvoll war, interessierte mich in diesem Moment nicht. Ich habe es gemacht aus dem einfachsten aller Gründe; nämlich dass ich in der Lage war es zu machen und weil ich wusste, dass Lucia im Ziel auf mich wartete. Und ich habe es deswegen gemacht weil ich mich an eine Zeile erinnert habe: „pain is temporary … quitting lasts forever“.
4 Kommentare:
Hut ab vor dieser Leistung! Meiner Meinung nach warst du der grösste Sieger an diesem Tag...
Kann mich Caroline nur anschliessen. Respekt für diese Leistung. Vor Schmerzen die Schuhe nicht selber anziehen zu können und trotzdem weiter machen. Du bist wirklich ein Sieger.
Hallo Mister "Nothing is impossible"
Gratulation zu einer weiteren Willensleistung!!!! Unglaublich!!!
Marcel
Hallo Pablo
Gratulation zu dieser Willensleistung... sowas muss man zuerst mal durchgezogen haben.
Ich hoffe, wir sehen uns in dieser Saison auch wieder am einen oder anderen Wettkampf... spätestens sicher wieder in Uster?
Patrick
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