Die Ironman Europameisterschaft in
Frankfurt war in diesem Jahr mein wichtigster Triathlon Wettkampf. Ich konnte
es kaum abwarten, bis der 8. Juli endlich vor der Tür stand.
Leider kämpfte ich seit Anfang des Jahres
mit Entzündungen und chronische Muskelverhärtungen und musste 10 Wochen vor dem
Ironman in Frankfurt erneut eine Laufpause einlegen, da ich mir eine Entzündung
im Oberschenkel zugezogen hatte und Lauftrainings somit völlig unmöglich waren.
Ich entschied mich, das Laufen für ein
paar Wochen komplett zu streichen, es gar nicht erst zu versuchen, bis die Entzündung
ausgeheilt war. Dafür habe ich umso mehr Zeit in Rad- und Schwimmtraining
investiert.
Doch ich wollte endlich der Ursache auf den
Grund gehen und bin somit 2-3 Mal die Woche zum Physio- und Chirotherapeuten
und auch zu meinem Sportarzt gegangen. Ich wurde mehrmals die Woche massiert.
Auf meinem Tagesplan war nun morgens und abends fix ein Stabilisationstraining
eingeplant. Ich war zuversichtlich, dass 8 Wochen ausreichend sind, um wieder
soweit gesund zu sein, dass ich wenigstens noch in der zweit letzten Woche vor
dem Wettkampf ein wenig mit dem Lauftraining beginnen konnte. Zum Glück ging
die Rechnung auf! Anfangs waren es 10 Minuten, die harzig und noch nicht
schmerzfrei waren, aber binnen 1.5 Wochen konnte ich mein Lauftraining auf 50
Minuten erhöhen, was schon ein grosser Fortschritt war. Die letzte Woche habe
ich bewusst kein Lauftraining mehr gemacht, um auf den wichtigsten Tag in
dieser Saison fit zu sein. Was sich im Nachhinein auch als die einzig beste
Entscheidung herausgestellt hat.
Als wir am Mittwochabend in Frankfurt
angekommen sind, ist meine Vorfreude auf den Event mit jeder Stunde gestiegen.
Ich hatte meine Bedenken, ob es mit dem Laufen klappen würde oder nicht,
versucht aus meinem Kopf auszuschalten und habe mich umso mehr auf die
Vorbereitungen konzentriert. So ging es dann auch am nächsten Tag auf eine
geführte lockere Ausfahrt der Wettkampfs-Radstrecke. Das Wetter war toll, wir
hatten warme Temperaturen und viel Sonnenschein. Am Freitag war kompletter Ruhetag
angesagt und am Samstag ging es dann zum Bike Check-In.
Der Race-Morgen war gekommen. Um 4:00 Uhr
klingelte der Wecker! Als wir in die Wechselzone kamen, nahm ich die Schutzhülle
vom Rad weg und stellte fest, dass sich
beim Vorderrad eine Speiche gelöst hatte und mein Rad eine komplette Acht
gemacht hat. Alles justieren der Bremsen half nichts, mein Vorderrad war
kaputt. Keine Panik, dachte ich mir, der Bike-Service ist ja da und kann mir
bestimmt helfen oder mir im schlimmsten Fall sogar ein Ersatzrad geben. Leider war
dem nicht so! Weder Reservematerial noch Reserveräder waren beim Bike-Mechaniker
vorhanden. Da war ich zuerst einmal
völlig fassungslos, da ich wusste, dass ich ohne ein neues Rad nicht am Rennen
teilnehmen konnte und es war nicht genügend Zeit, um ins Hotel zurück zu
fahren. Pablo reagierte blitzartig. Er nahm mein kaputtes Vorderrad, rannte aus
der Wechselzone heraus und verschwand in der Zuschauermenge. 30 Minuten wartete
ich bei meinem Rad und sah zu, wie die anderen Athleten ihre Bikes fürs Rennen
parat machten. Ich wurde zunehmend nervöser. Plötzlich sah ich Pablo mit einem
Rad in der Hand auf mich zukommen. Er hatte tatsächlich ein Ersatzrad auftreiben
können. Mein Herz machte Luftsprünge! Pablo war mein Held und Retter des Tages!
Während 30 Minuten hat Pablo alle Leute, die an diesem Morgen zum Schwimmstart
gekommen waren, gefragt, ob sie mir ein Vorderrad leihen, damit ich am
Wettkampf teilnehmen konnte. Wir hatten ein riesen Glück, denn es gab ein Paar
vor Ort, die ein Reserverad dabei hatten und mir ihres ausliehen. Dann musste
alles schnell gehen, denn es blieb uns nicht mehr viel Zeit bis der Startschuss
fiel!
Als ich aus dem Wasser herauskam, hatte es
bereits angefangen leicht zu regnen. Regen für den Sonntag war vorausgesagt
gewesen, daher war ich nicht überrascht, obwohl ich den Regen natürlich erst
auf den Nachmittag gewünscht hatte. Der Regen wurde zunehmend stärker und auch
die Windstärke hat mit jeder Stunde zugekommen. Ich hab versucht, das Beste aus
der Situation zu machen, hab mich auf dem Rad so klein wie nur möglich gemacht.
Ich hatte versucht, da wo es möglich und ungefährlich war die Geschwindigkeit enorm
zu erhöhen, um die verlorene Zeit durch das viele Abbremsen vor den Kurven
wieder zurückzugewinnen. Trotz des Wetters und meinen Bedenken eine langsame
Radzeit zu machen, kam ich nach 5:13h in die Wechselzone und hatte die
schnellste Frauen-Amateur-Radzeit gemacht. Ich hatte ein riesen Glück, dass ich
während dem Radfahren keinen Sturz und keinen Platten hatte. Unzählige Athleten,
darunter auch mein Freund Pablo, sind zum Teil heftig gestürzt und mussten
aufgrund von Platten oder anderen Raddefekten das Rennen beenden.
Lucia Thalmann in strömendem Regen auf der IM-Radstrecke in Frankfurt - 8.7.2012 |
Ich stieg vom Rad ab und rannte zu meinem
Lauf-Sack. Als ich die ersten Schritte gerannt bin, konnte ich es fast nicht
glauben, doch zum ersten Mal, seit ich vor 2 Jahren mit dem Triathlon
angefangen hatte, konnte ich von Beginn an schmerzfrei laufen! Wow, war das ein
tolles Gefühl! Die ersten Kilometer bin ich dann doch zu schnell losgerannt. Das
lag wohl daran, dass ich mich riesig gefreut hatte, endlich den dritten und
letzten Teil in Angriff zu nehmen. Pablo musste leider sein Rennen abbrechen,
da er sich durch den Sturz mit dem Rad verletzt hatte und sein Bike so
demoliert war, dass er nicht mehr damit fahren konnte. Deswegen konnte mich
Pablo während meines ganzen Marathons unterstützen. Dank seiner unglaublich professionellen
Unterstützung hatte ich bald einen guten Rhythmus gefunden, den ich dann mehr
oder weniger konstant die gesamten 42.2km durch laufen konnte. Pablo hat mir in
regelmässigen Abständen die Zeiten durchgegeben und wusste bestens Bescheid, wo
sich meine Verfolgerinnen auf der Strecke befanden. Ich hatte kein einziges Mal
zurück geschaut und hab stattdessen einfach mein Rennen gemacht. Als ich nach
knapp 3.5 Stunden endlich das letzte Band um meinen Arm streifen durfte und nur
noch wenige Meter bis zum Ziel zu laufen hatte, hatte ich ein unglaubliches
Glücksgefühl in mir. Dann kam der Zieleinlauf über den roten Teppich und mit
einem strahlenden Lachen und einer riesen Erleichterung gesund und ohne
Verletzungen den Ironman gefinisht zu haben, bin ich nach 10:06h über die
Ziellinie in Pablo’s Arme gerannt!
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